Alexander Nicolussi

Richtlinie Nr. 1/76zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge (OV)

Gilbert Furian

„Alles Wichtige hatte im Osten stattgefunden. Meine ganze Kindheit, insofern auch Familie, […] dass man sich verliebt, dass man heiratet, dass man geschieden wird […]. Meine Kirchenmusik und die Freundschaft mit Untergrund-Künstlern, das war mir alles so wichtig, das wollte ich nicht aufgeben. Zumal ich von Freunden, die in den Westen ausgereist waren, immer zu hören gekriegt habe: ‚Es ist toll hier, die Freiheit, wir können reisen, wohin wir wollen, aber wir werden hier immer die Fremden bleiben. Wir sind hier immer die aus dem Osten. Wir werden hier nie richtig zu Hause sein.‘ Und das wollte ich mir ersparen.“

Untersuchungshaftanstalt Hohenschönhausen Zelle Nr. 314 In dieser Zelle verbrachte Herr Furian sieben Monate in Untersuchungshaft, bevor er zu zwei Jahren und zwei Monaten Freiheitsentzug verurteilt wurde.

Peter Rösch

„Ich hatte die Alternative, 10 Jahre ins Gefängnis oder West-Berlin.“

„Aber eines habe ich hier schätzen gelernt, in der Bundesrepublik: die bürgerlichen Freiheiten. Ich kann alles machen, wofür ich in der DDR verfolgt wurde. Das ist ein absoluter Gewinn für mein persönliches Leben! Das weiß ich zu schätzen, obwohl ich die Wiedervereinigung nicht haben wollte.“

Ehemaliger Grenzübergang Friedrichstraße (Tränenpalast) Gegen seinen Willen und in Begleitung der Staatssicherheit musste Herr Rösch 1982 die DDR über diesen Grenzübergang verlassen.

Gisela Meyer

„Geschossen wurde ab und zu mal, ohne dass man wusste, was war.“

„In unserer Nachbarwohnung war, als die Leute nach Hause kamen, ein Loch in der Scheibe. Also ein Schuss. Das war schon ein komisches Gefühl. Ich hatte oft Albträume, dass bei uns geschossen wird und wir uns in Sicherheit bringen müssen. Auch nach der Wende hatte ich lange diese Träume.“

Ehemaliger Grenzstreifen in Lichterfelde Süd Linkerhand, unmittelbar angrenzend, die Reihenhaussiedlung, in der Frau Meyer heute immer noch wohnt. Bis 1989 war die Welt hinter ihrem Gartenzaun zu Ende.

„Als Kind waren Marx und Engels wie meine Mutter und mein Vater. Mit 13 Jahren jedoch wollte ich Vollwaise sein.“

Freigangzelle der Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit in Potsdam 11 Monate dauerte die Untersuchungshaft, bevor Herr Richter in einem Schauprozess zu 15 Jahren Freiheitsentzug verurteilt wurde.

„Durchschaut, dass das alles Schwachsinn ist, das habe ich schon mit 13. Da ging es nicht darum, dass im Westen alles Gold ist. Darum ging es überhaupt nicht, das war nicht das Thema. Sondern, wenn du da drüben lebst, dann lebst du einfach anders. Da kannst du machen, was du willst. Und hier können wir das nicht.“

„Man wurde ab und zu mal abgeholt – abends – zur Klärung eines Sachverhaltes. Das ging dann die ganze Nacht über. Man wurde dann früh um fünf entlassen, damit man pünktlich zur Arbeit erscheinen konnte. Es gab nie einen Grund, das war einfach nur Schikane.“

Ehemaliger Grenzübergang Friedrichstraße (Checkpoint Charlie) Nach einem gescheiterten Fluchtversuch war dieser Kreuzungsbereich 1988 der Ort der Verhaftung. Herr Gerdes wurde wegen Republikflucht im schweren Fall zu 15 Monaten Freiheitsentzug verurteilt.

„Es war eine fantasierte Freiheit.“

Innenhof der Humbold Universität Frau Morawe wurde 1981 aus politischen Gründen exmatrikuliert. Ein inoffizielles Berufsverbot folgte, es war ihr bis 1989 nicht mehr möglich, Arbeit zu finden.

„Es war klar, wenn ihr mich nicht studieren lasst, dann hau ich ab. Sieben Wochen später war ich weg.“

„Ich beschäftige mich intensiv mit den psychischen Ablagerungen, die politische Vorgänge hinterlassen. Die haben uns ja nicht nur Ruinen hinterlassen, sondern auch seelische Ruinen.“

Raum der Stille, Pension Das Andere Haus VII Die Pension befindet sich im ehemaligen Krankenhaus der Haftanstalt Rummelsburg, in der auch Herr Ladegast einsaß.

Alexander Nicolussi

1976geboren und aufgewachsen in Bregenz, Österreich
2000–10leitende Tätigkeit als Produktentwickler im konstruktiven Glasbau
2011–14Fotografiestudium an der Neuen Schule für Fotografie, Berlin bei Eva Maria Ocherbauer, Eva Bertram und Marc Volk

Lebt und arbeitet in Berlin.

alexander.nicolussi æ gmail · comalexandernicolussi.com

Ausstellungen

2014Feast
Galerie der Neuen Schule für Fotografie Berlin
2012Traum
Galerie der Neuen Schule für Fotografie Berlin